Wenn die Polizei Sie zu einer Befragung einlädt, ist es ganz normal, dass Sie sich sofort verteidigen wollen. Das ist ein natürlicher Reflex – wenn uns jemand etwas vorwirft, wollen wir sofort erklären, warum es nicht stimmt.
Aber genau das ist ein Fehler.
Es ist noch nicht die richtige Zeit, sich zu verteidigen
Viele denken, dass sie bei der Polizei ihre Unschuld beweisen können. Doch das ist nicht der richtige Ort dafür.
- Die Polizei will keine Entlastung für Sie finden – sie sammelt Beweise, und zwar auch gegen Sie.
- Ihr Anwalt ist Ihr Verteidiger, aber bei der Polizei darf er nicht für Sie sprechen.
- Die Verteidigung findet erst später vor Gericht statt, nicht bei der Polizei.
Wenn Sie dort reden, kann es passieren, dass Sie sich selbst schaden, weil Ihre Aussagen gegen Sie verwendet werden.
Die Polizei stellt Fragen, um Sie in eine Richtung zu lenken
Die Beamten sind geschult darin, durch geschicktes Fragen Informationen zu bekommen. Sie werden immer wieder dieselben oder leicht veränderte Fragen stellen, um Widersprüche zu finden.
- Wenn man immer wieder gefragt wird, verliert man irgendwann den Halt.
- Man wird müde, gereizt oder sogar wütend.
- Und genau dann sagt man Dinge, die man später bereut.
Manchmal sagt man aus Frust oder Verzweiflung etwas Unbedachtes, das aber später als Beweis gegen einen benutzt wird. Und das macht es für Ihren Anwalt umso schwieriger, Sie zu verteidigen.
Ihr Anwalt kennt die Akten noch nicht
Bei der ersten polizeilichen Einvernahme hat Ihr Anwalt noch keine Einsicht in die Ermittlungsakten. Das bedeutet:
- Sie wissen nicht genau, was die Polizei bereits gegen Sie in der Hand hat.
- Ihr Anwalt kann noch keine sinnvolle Strategie entwickeln.
- Wenn Sie ohne Plan aussagen, kann das Ihre Verteidigung später stark erschweren.
Was sollten Sie tun?
- Sagen Sie einfach gar nichts.
- Bitten Sie um einen Anwalt.
- Lassen Sie sich nicht in Gespräche verwickeln – auch nicht mit „harmlosen“ Fragen.
Ihr Schweigen kann Ihnen nicht als Schuld ausgelegt werden. Aber eine unüberlegte Aussage kann Sie in große Schwierigkeiten bringen. Lassen Sie Ihren Anwalt für Sie sprechen – aber erst dann, wenn die Zeit dafür gekommen ist.
Belügen Sie Ihren Anwalt nicht!
Wenn Sie schliesslich mit Ihrem Anwalt sprechen, dann seien Sie ehrlich. Manche versuchen, die Situation harmloser darzustellen, weil sie sich schämen oder denken, der Anwalt könnte dann weniger von ihnen halten. Doch das ist ein großer Fehler.
- Die Polizei hat Sie nicht grundlos vorgeladen.
- Wenn Sie völlig unschuldig wären, hätten sie keinen Anlass, Sie zu befragen.
- Sie können sicher sein: Es gibt Beweise gegen Sie – sonst würde die Polizei sich nicht mit Ihnen beschäftigen.
Niemand geht gerne zum Anwalt – das tut man nur, wenn es sein muss. Aber genau dafür ist er da: um Sie bestmöglich zu verteidigen. Doch das kann er nur, wenn er die ganze Wahrheit kennt.