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Der juristische Begriff des Flüchtlings – Kurzerklärung eines Anwalts

Dieser Beitrag wurde verfasst von:

lic.iur. Anol Eshrefi

Aufgrund seiner langjährigen Berufserfahrung in Rechtsvertretung ist Anol Eshrefi als selbstständiger Jurist geübt in Vertretung und Beratung. Darüber hinaus kennt er sich in verwaltungsrechtlichen Fragestellungen aus, spezialisiert ist er insbesondere im Ausländerrecht.

Was beinhaltet der Flüchtlingsbegriff?

Das wichtigste Merkmal des Flüchtlingsbegriffes ist die begründete Furcht vor Verfolgung. Die Verfolgung ist begründet, wenn sie aktuell, ernsthaft, gezielt, ihren Grund in einer bestimmten Motivation des Verfolgers haben und ihr darf kein Schutz durch das Heimatland entgegenstehen.

Als spezialisierter Anwalt für Asylrecht (CAS in Asylrecht) überprüfe ich für Sie die Voraussetzungen des schweizerischen Flüchtlingsbegriffes. Haben Sie vom SEM einen negativen Entscheid betreffend Ihres Asylgesuches erhalten? Dann rufen Sie mich an. Als Anwalt für Asylrecht verlange ich von SEM alle Akten und erhebe für Sie beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde gegen den negativen Asylentscheid.

Sie können mich auch unmittelbar nach Ihrer Ankunft in der Schweiz kontaktieren. Dann bereite Ich Sie auf die Anhörungen von SEM vor und erkläre Ihnen, was der schweizerische Flüchtlingsbegriff überhaupt bedeutet. Dies ist wichtig für die Vorbereitung auf die Anhörungen von SEM. Die Aussagen, die Sie dort machen sind ausschlaggebend für den Asylentscheid. Ich erkläre Ihnen, wie Sie sich für die Anhörung vorbereiten sollen und begleite Sie zudem zu diesen, wo ich das Recht habe Zusatzfragen zu stellen und zu intervenieren, wenn es rechtliche Probleme gibt. So garantiere ich als Ihr Anwalt für Asylrecht, dass die Anhörung rechtlich einwandfrei verläuft.

Im folgenden Text können Sie lesen, was die einzelnen Voraussetzungen genau bedeuten, die erfüllt werden müssen, damit Sie in der Schweiz als Flüchtling gelten und in der Folge Asyl erhalten.

Wann ist die Verfolgung aktuell?

Nach der Rechtsprechung erfüllt eine asylsuchende Person die Flüchtlingseigenschaft im Sinne von Art. 3 AsylG, wenn sie Nachteile von bestimmter Intensität erlitten hat, die ihr gezielt und aufgrund bestimmter Verfolgungsmotive zugefügt worden sind, oder wenn sie mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit und in absehbarer Zukunft solche Nachteile befürchten muss. Die erlittene Verfolgung oder die begründete Furcht vor künftiger Verfolgung muss nicht nur sachlich und zeitlich kausal für die Ausreise aus dem Heimat- oder Herkunftsstaat, sondern auch im Zeitpunkt des Asylentscheids noch aktuell sein. Entsprechend sind Veränderungen der objektiven Situation im Heimatland im Zeitraum zwischen Ausreise und Asylentscheid zugunsten und zulasten der asylsuchenden Person zu berücksichtigen

Aktuelle Verfolgung bedeutet, dass die asylsuchende Person einer Verfolgung ausgesetzt wäre, wenn sie nach Entscheidung über ihr Asyl in ihr Heimatland zurückkehren würde. Der Begriff der begründeten Frucht enthält ein subjektives und ein objektives Element. Einerseits muss die betroffenen Person Angst vor der Verfolgung haben, andererseits muss die Angst begründet sein. Objektiv muss der Asylbewerber begründen, welche konkreten Massnahmen der Verfolger schon ergriffen hat, die ihre zukünftig Verfolgung wahrscheinlich machen. Schlussendlich muss glaubhaft gemacht werden, dass ein konkrete Bedrohung vorliegt. Es genügt also nicht eine allgemeine Verfolgungsgefahr. Es muss sich um einen „real risk“ handeln. Dieser Massstab liegt unterhalb des dominierenden Ansatzes der „beachtlichen Wahrscheinlichkeit“, den die Schweizerische Rechtsprechung entwickelt hat um im Regelfall anwendet.

Die Vermutungsbasis wird umgestossen, wenn zwischen der Verfolgung und der Flucht kein zeitlicher und sachlicher Kausalzusammenhang besteht. Der zeitliche Zusammenhang wird unterbrochen, wenn zwischen der Verfolgung und der Flucht eine relative lange Zeit vergangen ist. In der Regel gilt der zeitliche Zusammenhang als unterbrochen, wenn dazwischen sechs bis zwölf Monate liegen. Der sachliche Zusammenhang ist unterbrochen, wenn der Betroffene nicht glaubhaft machen kann, dass sie wegen der Verfolgung ausgereist ist, sondern davon auszugehen ist, dass andere Gründe für die Ausreise im Vordergrund standen (z.B. familiäre oder wirtschaftiche).

Wann ist die Verfolgung ernsthaft?

Bei der Beurteilung, ob ein ernsthafter Nachteil vorliegt, kommen jeweils subjektive und objektive Gesichtspunkte zum Tragen. Im Zusammenspiel der beiden Elemente ergibt sich die Situation einer Gefährdungssituation als ernsthafter Nachteil. Objektiv heisst, es muss eine Menschenrechtsverletzunge vorliegen. Subjektiv heisst, diese müssen so intensiv sein, dass der weitere Verbleib im Heimatstaat der geflüchteten Person nicht zumutbar ist. Zur Beurteilung der Intensität sind insbesondere die Schwere, die Häufigkeit, die Dauer und die Systematik der menschenrechtsverletzung zu berücksichtigen.

Objektiv und subjektiv liegt Ernsthaftigkeit bei folgenden Menschenrechtsverletzungen:

  • Gefährdung des Lebens: der Asylsuchende ist der direkter und ernsthafter Todesgefahr ausgesetzt
  • Gefährdung des Leibes: schwere Verletzunge der körperlichen Integrität: Folter, Körperstrafen, Vergewaltigung. Bei weniger schweren Eingriffen in die körperliche Integrität muss im Einzelfall noch beurteilt werden, ob die Gefährdung so intensiv ist, dass eine Rückkehr in den Heimatstaat deshalb nicht zuzumuten ist.
  • Freiheitsbeschränkungen: Dazu gehören nicht nur Verurteilungen zu Freiheitsstrafen, sondern auch die Deportation in Lager und Umerzihungslager, Hausarrest, Entführung oder Verbannung. Hier ist die Frage nach der Intensität von Bedeutung. Diese beurteilt sich nach der Dauer, und die Umstände der Massnahmen (z.B. Haftbedingungen, Isolationshaft)
  • Unerträglicher physischer Druck: Typische Massnahmen, die einen unerträglichen psychsichen Druck bewirken können, sind etwa Schikanen und Diskriminierungen, die ein Leben im Heimatland unerträglich machen; das Verunmöglichen einer Ausbildung oder der Ausübung eines Berufes, sofern dadurch ein menschenwürdiges, der Ausbildung oder den Fähigkeiten entsprechendes Leben verunmöglicht wird oder in unzumutbarer Weise erschwert wird; die Anwerbung zu Spitzeldiensten, wenn dabei ein schwerer Gewissenskonflikt ausgelöst wird oder Nachteile in Beruf und Existenz drohen, oder Verfolgungsmassnahmen in der nächsten Umgebung (Verhaftung von Freunden, Verwandten etc.) Bei diesen Massnahmen muss es sich um systematische Nachteile handeln, damit sie ein flüchtlingrechtlichen Intensität erreichen. Vor Bedeutung sind also vor allem auch Situationen allgemeiner Diskriminierung von bestimmen religiösen oder ethischen Minderheiten in einem Staat.

Wann ist die Verfolgung gezielt?

Der Verfolgte wird von den Verfolgern als Individuum oder zumindest als Angehöriger einer bestimmten Personengruppe anvisiert. Die Nachteile müssen gegen die betreffende Person persönlich gerichtet sein. Wenn eine Person „nur“ die gleichen Gefahren und Repressionen zu gewärtigen hat wie die gesamte Bevölkerung einer Staates, namentlich in Kriegs- oder Bürgerkriegssituationen, so ist sie kein Flüchtling im Sinne des Gesetzes (sog. Gewaltflüchtlinge). Bei Zivilpersonen, die an den Kampfhandlungen nicht beteiligt sind, und die vom Krieg nur als Nebenfolge des Kampfes betroffen sind, gilt also das Kriterium der Gezieltheit nicht als erfüllt. Wenn also Personen nur von Auswirkungen des Kampfes leiden (zB. Schlechte Versorgungslage, Einschränkungen von Grundrechten durch den Ausnahmezustand, allg. Unsicherheit und Gefährdung von Leib und Leben.), gelten sie nicht als Flüchtlinge.

Oft aber wird im Krieg gezielt eine Personengruppe aufgrund von flüchtlingsrelevanten Motiven verfolgt. In diesem Fall sind sie nicht den gleichen Risiken und Enschränkungen (im Sinne ungezielter Nebenfolgen) wie die Gesamtbevölkerung ausgesetzt, sondern werden zusätzlich noch gezielt verfolgt. Diese Personen sind dann nicht nur zufällige Opfer. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn nur ein Teil der Bevölkerung verfolgt wird, weil man sie der Unterstützung des Gegners verdächtigt oder zur Parteinahme für die eigene Seite bewegen will. Dies nennt man Kollektivverfolgung. Voraussetzung für dessen vorliegen ist, dass eine grosse Anzahl von Personen verfolg wird und die Nachteile müssen in Relation zur Grösse der Gruppe eine bestimmte Dichte aufweisen. Annerkennt das BVG die kollektive Verfolgung einer Personengruppe, bedeutet das nicht den Verzicht auf das Kriterium der Gezieltheit. Viellmehr wird dadurch vermutet, dass die Person, die dieser Gruppe angehört, der gezielten Verfolgung gemäss Art. 3 AsylG und Art. 1A FK ausgesetzt ist.

Wann liegt ein relevantes Verfolgungsmotiv?

Die Menschen müssen wegen unveränderte und unverzichtbare Persönlichkeitsmerkmale verfolgt werden. Gemäss Art. 3 AsylG ist jemand ein Flüchtling, wenn er wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Anschauung verfolgt wird. Im Folgenden werden diese Begriffe näher erläutert:

Rasse: Entscheidend ist, dass eine Personengruppe vom Verfolger als rassisch andere Gruppe angesehen wird und aus diesem Grund verfolgt wird. Der juristische Begriff der Rasse beruht somit nicht auf naturwissenschaftlichen Grundlagen, sondern auf einer sozialen Unterscheidung und Zuschreibung.

Religion: Einfache Diskriminierungen aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft genügt nicht. Diese muss zu einer unerträglichen psychischen Belastung werden.

Nationalität: Der Begriff umfasst die Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe, die sich durch gemeinsame Sprache, Erziehung, Kultur, Tradition oder Abstammung auszeichnet. Der Schutzbereich der Nationalität überschneidet sich oft mit demjenigen der Rasse. Die Schweizer Praxis betrachtet Verfolgungen in Zusammenhang mit ethischen Konflikten meist als politische Verfolgung, da dem Motiv der Nationalität kaum eigenständige Bedeutung zukommt. 

Zugehörigkeit zu einer bestimmte sozialen Gruppe: Gemeint sind damit Personen mit ähnlichen Hintergrund, ähnliche Gewohnheiten oder einer bestimmten sozialen oder beruflichen Stellung. Anders: Deren Mitglieder haben angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugug teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, aus sie zu verzichten.

Politische Anschauung: Darunter fallen alle Handlungen der Meinungsäusserungen, die sich gegen die staatliche, wirtschaftliche oder gesellschaftliche Ordnung richten. Die politische Anschauung zeigt sich nur durch die Handlungen (Ausübung von Menschenrechten, wie Meinungsäusserung, Bewegungsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Konvertierung) oder durch Unterlassen (Desertieren, Ungehorsam). Verfolgung in Sinne der Flüchtlingskonvention erfolgt aber wegen des Seins (nämlich das Anderssein) – nicht wegen des Tuns. So erhalten z.B. Militärdienstverweigerer aus Eritrea entgegen der populären Meinung nicht nur deshalb Asyl, weil sie Dienstverweigerer sind. Vielmehr sind diese Personen Flüchtlinge im Sinne der Flüchtlingskonvention, weil die Verweigerung des Militärdienstes von den heimatlichen Machthabern in der Regel als politisches Gesinnungsakt angesehen wird und unmenschlich bestraft wird. Wenn das Strafmass als derart hoch erscheint, dass eine politisch motivierte übermässige Bestrafung („Polit-Malus“) angenommen werden muss, dann wird politische Verfolgung vermutet.  

Besteht Schutz vor der Verfolgung im Heimatstaat?

Nach der Schutztheorie hängt die flüchtlingsrechtliche Relevanz einer nichtstaatlichen Verfolgung vom Vorhandensein eines adäquaten Schutzes durch den Heimatstaat ab. Der Schutz vor nichtstaatlicher Verfolgung im Heimatstaat ist als ausreichend zu betrachten, wenn die betroffene Person effektiven Zugang zu einer funktionierenden und effizienten Infrastruktur hat (Polizei und das Rechts- und Justizsystem ermöglichen eine effektive Strafverfolgung) und ihr die Inanspruchnahme eines solchen innerstaatlichen Schutzsystems individuell zumutbar ist. Dabei obliegt es der entscheidenden Behörde, die Effektivität des Schutzes im Heimatland abzuklären und zu begründen.

Die Bezeichnung eines Landes als „Safe Country“ begründet die Regelvermutung, dass asylrelevante staatliche Verfolgung nicht stattfindet und Schutz vor nichtstaatlicher Verfolgung gewährleistet ist.

Weiter darf keine innerstaatliche Fluchtalternative vorhanden sein. Diese besteht, wenn einer Person die Möglichkeit hat, sich in einer Region ihres Heimatlandes zu begeben, in der ihr keine Verfolgung droht oder wo sie der Staat schützen kann. Handelt es sich um staatliche Verfolgung sind zwei Arten von innerstaatlichen Fluchtalternativen möglich: Der Staat hat kein Macht über ihr ganzes Territorium oder die Verfolgung geht von regionalen Behörden aus, deren Macht nicht über ihre Region hinausgeht.

Schutz durch andere Einheiten als den Heimatstaat: Adäquaten Schutz kann nur von einer dauernhaft organisierten und stabilen Autorität gewährt werden, die das betreffende Gebiet und dessen Bevölkerung tatsächlich kontrolliert und international anerkannt oder zu einem gewissen Mass abgesichert ist. Beispiele dafür: Quasitaaten (Kurdengebiet in Nordirak) oder internationale Organisationen.

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