Beweismittel sind Mittel (Medien) die einen Vorgang oder einen Zustand der Vergangenheit gespeichert haben. Sie geben Informationen (Beweise) wieder über vergangene Handlungen und Zustände. Diese Mittel unterscheiden sich in persönliche (Personalbeweis) und sachliche Beweismittel (Sachbeweis). Beweismittel sind also Informationsträger, egal ob es ein konkreter Gegenstand ist, eine Urkunde (Schrift, Video-, Tonaufzeichnung) oder Gedächtnis (Zeuge). Sie speichern Informationen über die Vergangenheit.
Personale Beweismittel sind Personen, die Geschehnisse persönlich wahrgenommen haben. Dazu zählen die beschuldigte Person, die Auskunftsperson, die Zeugen und der Sachverständiger. Sachliche Beweismittel sind die Urkunden (schriftliche Aufzeichnungen auf Papier oder elektronisch; Videos; Tonträger), die Beweisgegenstände (hier können sich Spuren befinden, die auf verfangene Handlungen hinweisen), der Augenschein (im Gegensatz zu den Beweisgegenständen wird hier ein unbeweglicher Objekt untersucht, der Vorort beobachtet werden muss, und daher dort die Spurensuche erfolgt, z.B. Tatort) und das Gutachten. Letztes ist nötig, wenn zur Beurteilung von Fragen, wie sich etwas abgespielt habe, das Gericht nicht das nötige Fachwissen hat, dann wird ein Gutachten von einem Fachmann erstellt.
Ein Anwalt für Strafverfahren kann sowohl Beweismittel zur Entlastung des Angeklagten vorbringen als auch gegen diesen gerichtete Beweise beanstanden.
Beweis als Teil des Strafprozesses?
Die Zwangsmassnahmen haben immer zum Ziel Beweismittel zu finden oder sicherzustellen. Das Kapitel Zwangsmassnahme sollte eigentlich vor dem Kapitel der Beweismittel stehen, da es zeitlich davor geschieht. Zuerst kommen die Zwangsmassnahmen und dann das Resultat; die Beschaffung der Beweismittel. Die Zwangsmassnahmen erklären, wie der Staat vorgehen muss, wenn er Beweismittel beschafft.
Mit dem Strafprozess werden also mehrere Prozesse geregelt. Erstens wird der Prozess der Beweismittelbeschaffung geregelt, welche durch Zwangsmittel beschafft werden sollen. Dann folgt der Prozess der Beweiserhebung. Aus den Beweismitteln werden Spuren, also Informationen, extrahiert (durch Einvernahmen, Zeugenaussagen, Zufallsfunde, Begutachtung von Gegenständen auf Spuren etc). Die Beweiserhebung ist der Vorgang der Gewinnung von Informationen für das Verfahren. Die Beweise nehmen ihre Gestalt im Prozess ihrer Erhebung an. Schliesslich folgt der Prozess der Sachverhaltsfeststellung, die Beweiswürdigung. Die Informationen werden gewürdigt und daraus wird der Sachverhalt erstellt. Es muss logisch aus den Informationen der Beweismitteln zum Sachverhalt geschlossen werden.
Für einen Anwalt für Strafrecht ist es somit sehr wichtig zu überprüfen, ob Beweismitte rechtlich korrekt erhoben worden sind. Falls nicht, dann muss er beanstanden, dass die Beweismittel für das Verfahren nicht verwendet werden dürfen. In diesem Fall fallen die betreffenden Beweismittel für den Nachweis der Täterschaft ausser Betracht. Zu diesem Thema siehe den Text weiter unten.
Weiter kann der Anwalt für Strafrecht beantragen, dass wichtige Beweismittel, die zur Entlastung des Beschuldigten dienen können, von der Staatsanwaltschaft nicht beachtet wurden. In so einem Fall ist der Sachverhalt ungenügend erstellt worden und die Strafbehörden müssen die entlastenden Beweise in Ihrem Entscheid einfliessen lassen.
Aber auch wenn ein korrekt erhobenes Beweismittel in der Untersuchung beachtet worden ist, kann der Anwalt für Strafrecht bemängeln, dass das Beweismittel nicht richtig gewürdigt wurde. Das heisst, dass der Anwalt geltend machen muss, dass die Schlüsse, die aus dem Beweismittel gezogen wurden, nicht nachvollziebar sind.
Der Anwalt für Strafrecht kann auch in der Beweiserhebung einwirken, indem er zum Beispiel bei der Einvernahme von Zeugen durch seine Zusatzfragen deren Aussage relativiert und somit diese als unglaubwürdig darzustellen versucht. Ziel ist es dabei zudem den Zeugen oder die Zeugin als unglaubwürdig blosszustellen.
Die Hauptaufgabe des Strafverteidigers ist somit, die Beweislage für seinen Mandanten günstig zu gestalten. Die Vorwürfe, die die Staatsanwaltschaft versucht gegen den Beschuldigten zu beweisen müssen vor dem Gericht als nicht bewiesen betrachtet werden. Der Strafverteidiger muss also nicht unbedingt beweisen, dass sein Mandant unschuldig ist. Er muss bei Gericht Zweifel säehen.
Welche Beweise muss das Gericht nicht erheben?
Gemäss Art. 139 StGB wird über Tatsachen, die unerheblich, offenkundig, der Strafbehörde bekannt oder bereits rechtsgenügend erwiesen sind, nicht Beweis geführt. Der letzte Punkt erklärt das Prinzip der antizipierten Beweiswürdigung. Danach darf ein Richter Beweisanträge ablehnen, wenn er aufgrund bereits abgenommener Beweise seine Überzeugung gebildet hat. Diese Überzeugung muss so stark sein, dass er annehmen kann, dass seine Überzeugung durch weitere Beweiserhebungen nicht geändert werden kann.
Der Richter oder der Staatsanwalt können somit jederzeit auch gegen den Willen des Beschuldigten die Beweiserhebung abbrechen, wenn er der Meinung ist, dass die bisher erhobenen Beweismittel für den Urteil ausreichen. Das Beweisantragsrecht wird somit eingeschränkt, da der Richter dieses selbständig beenden kann. Der Richter kann also sein Urteil fällen noch bevor alle Beweismittel erhoben wurden.
Welche Beweise sind absolut unverwertbar?
Absolut unverwertbar sind Beweismittel, die durch Zwangsmittel, welche die Denkfähigkeit und die Willensfreiheit einer Person beeinträchtigen beschafft wurden. Diese Zwangsmittel sind unteranderem Gewaltanwendung, Drohung, Versprechungen, Täuschungen und Suggestivfragen.
Weiter unverwertbar sind Beweise, wenn speziell eine Norm der StGB ein Beweis als unverwertbar bezeichnet. So sind Aussagen bei der ersten Einvernahme unverwertbar, wenn der Hinweis, dass die Aussage verweigert werden kann, unterbleibt oder Zeugenaussagen, ohne dass vorher eine Zeugenbelehrung stattgefunden haben. Dasselbe gilt für durch Private erhobene Beweise, auf welche der Staat selbst auf rechtmässigem Weg nicht hätte zugreifen können oder die unter Verletzung des Ordre Public erlangt wurden.
Welche nicht ordnungsgemäss erhobenen Beweise sind bei schweren Verbrechen verwertbar?
Wenn keine absolut unverwertbare Beweismittel im Sinne von Art. 140 StPO vorliegen, dann können Beweise, die in strafbarer Weise erhoben wurden, verwertet werden, wenn ihre Verwertung zur Aufklärung schwerer Straftaten unerlässlich ist. (z.B. Wegnahme von Urkunden, unerlaubtes Abhören von Gesprächen, unerlaubtes Eindringen in eine Wohnung zur Beweisbeschaffung usw.).
Art. 141 Abs. 2 StPO beinhaltet eine Interessenabwägung. Je schwerer die zu beurteilende Straftat ist, umso eher überwiegt das öffentliche Interesse an der Wahrheitsfindung das private Interesse des Beschuldigten, dass der fragliche Beweis unverwertbar bleibt. Als schwere Straftaten im Sinne des Gesetzes fallen vorab Verbrechen in Betracht. Für die Frage, ob eine schwere Straftat im Sinne von Art. 141 Abs. 2 StPO vorliegt, ist jedoch nicht das abstrakt angedrohte Strafmass, sondern die Schwere der konkreten Tat entscheidend.
Der Gesetzgeber verzichtet darauf, schwere Straftaten i. S. v. Art. 141 Abs. 2 StPO zu definieren. Eine abstrakte Definition überzeugt nicht, weil der Gesetzgeber explizit den Begriff schwere Straftaten und nicht wie in zahlreichen weiteren Bestimmungen der StPO die Begriffe Verbrechen oder Vergehen verwendet. Auch auf einen Deliktskatalog wurde verzichtet. Es sind nicht generell gewisse Tatbestände und deren abstrakte Strafandrohungen, sondern die gesamten Umstände des konkreten Falls zu berücksichtigen. Zwar kann ein Abstellen auf abstrakt angedrohte Strafen oder abschliessende Deliktskataloge die Prüfung der Verwertbarkeit von Beweismitteln erleichtern. Eine solche ist vom Gesetzgeber wie dargelegt nicht beabsichtigt. Eine starre Entscheidfindung würde dazu führen, dass im Einzelfall leichte Verbrechen anders behandelt würden als schwerwiegende Vergehen, obwohl die konkrete Strafe für Letztere um ein Vielfaches höher ausfallen kann. Dies stünde im Widerspruch mit dem vom Gesetzgeber gewollten Grundsatz der Individualisierung und dem weiten Ermessensspielraum des Sachgerichts bei der Strafzumessung, anlässlich welcher die Schwere der Tat zu bewerten ist. Das Sachgericht muss den konkreten Umständen Rechnung tragen können. Entscheidend ist deshalb nicht das abstrakt angedrohte Strafmass, sondern die Schwere der konkreten Straftat. Dabei kann auf Kriterien wie das geschützte Rechtsgut, das Ausmass, dessen Gefährdung resp. Verletzung, die Vorgehensweise und kriminelle Energie des Täters oder das Tatmotiv abgestellt werden.
Je schwerer der Tatvorwurf wiegt, desto geringere Anforderungen werden an die Korrektheit der Beweiserhebung gestellt. Und je geringer der Unrechtsgehalt der Straftat ist, desto überzeugender fällt das Bekenntnis zur rechtsstaatlich einwandfreien Beweiserhebung aus. Das Bundesgericht hat in einer Strafuntersuchung wegen des Verdachts auf versuchte Anstiftung zu vorsätzlicher Tötung, Brandstiftung, Vergewaltigung oder Mord gegen die Verwertung eines illegal erlangten Beweismittels keine Einwendungen erhoben. Hingegen hat es immer dann ein Verwertungsverbot angenommen, wenn es entweder um relativ geringfügige und erst noch opferlose Delikte ging; Verletzung von Verkehrsregeln, Fahren unter Drogeneinfluss und Wiederhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz.
Welche ordnungswidrig erhobenen Beweise sind bei leichten Verbrechen verwertbar?
Beweise bei deren Erhebung Ordnungsvorschriften (betrifft also nur formelle Aspekte) verletzt worden sind, sind verwertbar (Art. 141 Abs. 3 StPO). Z.B. sind Einvernahmen gültig, auch wenn die Vorladung bezüglich Form (Art. 201 Abs. 2 StPO) bzw. Frist (Art. 202 StPO) nicht eingehalten wurde oder wenn die Polizei beim Atemtest kein Protokoll führt, dann kann der Test trotzdem als Beweismittel verwertet werden.
Das Gegenteil der Ordnungsvorschriften sind die Geltungsvorschriften. Wenn somit Geltungsvorschriften bei nicht schweren Verbrechen bei der Beweiserhebung verletzt werden, dann sind die Beweismittel nicht verwertbar.
Die Unterscheidung zwischen Ordnungsvorschriften und Geltungsvorschriften muss sich an Zweck orientieren, dem die verletzte Vorschrift dient. Regelt sie allein den äusseren Gang des Verfahrens (Wie etwa das Datum der Vorladung in Art. 201 Abs. 2 lit. g StPO), wiegt ein Verstoss nicht derart schwer, dass er zur Unverwertbarkeit der Beweiserhebung führen müsste. So soll etwa auch die in Art. 13 Bas. 3 SKV vorgesehen Protokollierungspflicht von polizeilichen Massnahmen zu Kontrolle der Fahrfähigkeit lediglich eine Ordnungsvorschrift darstellen. Eine Verletzung von Gültigkeitsvorschriften ist immer dann anzunehmen, wenn der Beweis auf gesetzeskonforme Weise nicht hätte erbracht werden können oder bei gesetzeskonformer Erhebung möglicherweise einen anderen Inhalt aufgewiesen hätte (so etwa beim unterlassenen Hinweis vor der Durchführung der Einvernahme nach 143 Abs. 1 StPO).
Regeln über die Zuständigkeit dienen nicht der Gewährleistung eines fairen Verfahrens. Die Zuständigkeitsordnung schützt mithin nicht die Interessen der beschuldigten Person im Rahmen der Beweiserhebung, sondern dient der Wahrung der Souveränität des Kantons bei der Organisation polizeilicher Aufgaben. Es lässt sich somit nicht sagen, die mit der Beweisregel geschützten Interessen des Beschwerdegegners hätten Vorrang gegenüber dem Interesse an der Wahrheitsfindung. Der Missachtung der Zuständigkeitsregelung ist daher weniger Bedeutung beizumessen als der Durchsetzung des Strafverfolgungsinteresses. Fazit: Die Anhaltung und Kontrolle durch die örtlich unzuständige Polizei ist unter Berücksichtigung der konkreten Umständen als Verletzung einer blossen Ordnungsvorschrift i.S.v. 141 Abs. 3 StPO zu verstehen.
Können Zufallsfunde verwertet werden?
Was passiert mit Beweismitteln, die sich auf eine neue Tat beziehen, also durch rechtswidrige Handlungen zufällig entdeckt wurden? Bei Beweiserhebung können nämlich auch Informationen entdeckt werden, die auf Taten hindeuten, die gar nicht zur Ermittlung oder Untersuchung des Falles gehören. Es kann zum Beispiel bei einem Fall, wo der Tatverdacht sich auf ein Betrug bezieht bei einer Hausdurchsuchung eine Waffe gefunden werden, die auf eine Tötung hindeutet, die nichts mit dem Betrug zu tun hat. Die Frage ist dann, ob diese Waffe als Beweis verwertet werden darf, obwohl für diesen neuen Tatverdacht kein Hausdurchsuchungsbefehl von der Staatsanwaltschaft erlassen wurde und die Beweiserhebung für die Waffe somit widerrechtlich wäre.
Absolut unverwertbare Beweise haben ausnahmslos eine Fernwirkung. Das heisst, dass alle Beweise die durch Zwangsmittel im Sinne von Art. 140 StPO entdeckt werden, egal ob dies absichtlich oder zufällig geschah, sind absolut unverwertbar.
Wenn bei Verletzung von Geltungsvorschriften Zufallsfunde entdeckt werden, dürfen sie nur dann verwendet werden, wenn sie später ohne die Verletzung dieser Vorschrift entdeckt worden wären (Art. 141 Abs. 3 StPO). Es braucht somit eine Prognose, dass das Beweismittel mit hoher Wahrscheinlichkeit auch durch erlaubte Handlungen entdeckt worden wäre. Wenn somit die Strafbehörde der Ansicht wäre, dass der Beweis wahrscheinlich auch ohne Verletzung der Geltungsvorschrift erlangt worden wäre, dann greift die Fernwirkung nicht zu. Wenn zum Beispiel ein Zeuge in einer ersten ungültigen Einvernahme, wegen Verletzung von Art. 177 Abs. 2 Satz 2 StPO den Aufbewahrungsort einer Tatwaffe nennt, und diese bei bereits geplanter nachfolgender Hausdurchsuchung ohnehin gefunden worden wäre, dann darf die Tatwaffe als Beweis zugelassen werden. Beweis ist unverwertbar aber Zufallsfund verwertbar.
Unter Vorbehalt des fairen Verfahrens (3 II lit. c) sind Tertiärbeweis verwertbar. Bsp. Unver-wertbare Zeugenaussage führt zur Auffindung einer Tatwaffe, was die beschuldigte Person zu Geständnis veranlasst.
Wie geht die Staatsanwaltschaft bei unverwertbaren Beweisen vor?
Gelangt die Staatsanwaltschaft zum Schluss, ein Beweis sei unverwertbar, gewährt sie den Parteien dazu das rechtliche Gehör und erlässt gegebenenfalls eine beschwerdefähige Verfügung. Nicht verwertbare Beweise sind in einem versiegelten Umschlag aufzubewahren und je nach Umfang im Aktenthek zu belassen. Auf dem Aktenthek ist ein entsprechender Eintrag vorzunehmen. In der Anklage stellt die Staatsanwaltschaft dem Gericht den Antrag auf Vernichtung der nicht verwertbaren Beweise nach Eintritt der Rechtskraft des Erledigungsentscheides. Im Falle einer Einstellung oder im Strafbefehlsverfahren verfügt die Staatsanwaltschaft die Vernichtung der unverwertbaren Beweise nach Eintritt der Rechtskraft des Erledigungsentscheides, soweit sie nicht als Sachbeweise herauszugeben sind. Handelt es sich um Beweise, die einen Mitbeschuldigten belasten und den anderen entlasten, sind sie vor dem Hintergrund des reinen Belastungsverbotes (unverwertbare Beweise sind zur Entlastung zugelassen) unversiegelt in den Akten zu belassen. Es ist Aufgabe des Sachgerichtes, die belastenden Beweismittel nicht in den Entscheid einfliessen zu lassen.
Wie wird die Einvernahme durchgeführt?
Zu Beginn der Einvernahme wird die zu einvernehmende Person in einer ihr verständlichen Sprache über ihre Personalien befragt. Weiter wird sie über den Gegenstand des Verfahrens und über die Eigenschafft, in der sie einvernommen wird, informiert und umfassend über ihre Rechte und Pflichten belehrt. Zu Beginn der Einvernahme werden also nicht Fragen gestellt (ausser über Personalien) sondern es wird informiert und belehrt. Erst in einem zweiten Schritt wird die einzuvernehmende Person aufgefordert sich zum Gegenstand zu äussern. Die Strafbehörde strebt durch klar formulierte Fragen und Vorhalte die Vollständigkeit der Aussagen und die Klärung von Widersprüchen an.
Als Ihr Strafverteidiger begleite ich Sie bei den Einvernahme bei der Polizei und der Staatsanwaltschaft und strebe danach, dass die Fragen korrekt gestellt werden und interveniere, wenn die Befrager Ihre Pflicht verletzen, klare und nicht manipulative Fragen zu stellen. Um den Sachverhalt in Ihrem Sinne zu beeinflussen stelle ich Ihr Anwalt für Strafrecht Zusatzfragen.
Wie werden mehrere Personen einvernommen?
Die Bestimmungen von Art. 142-146 StPO sind allgemeiner Natur und gelten für alle Einvernahmearten (Befragungen von Beschuldigten, Privatklägern, Zeugen, Auskunftspersonen usw.).
Art. 146 Abs. 1 StPO bestimmt, dass mehrere zu befragenden Personen im Regelfall getrennt einvernommen werden. Getrennt voneinander bedeutet zunächst, dass Befragte (insbesondere Zeugen oder Mitbeschuldigte) im Rahmen der gleichen Einvernahmesitzung nicht gemeinsam (d.h. gleichzeitig oder wechselseitig) befragt werden, sondern nacheinander. Vorbehalten ist der Sonderfall der Konfrontationseinvernahme verschiedener Personen nach erfolgten ersten Befragungen (Art. 146 Abs. 2 StPO).
Sinn und Zweck von Art. 146 Abs. 1 StPO ist in diesem Sinne die ungestörte Wahrheits-findung, insbesondere die Verhinderung von gegenseitigen Beeinflussungen bzw. Kollusion. Es soll eine unverfälschte und unbeeinflusste Äusserung der einvernommenen Personen sichergestellt und vermieden werden, dass diese ihre Aussagen an die anderen Personen anpasst oder dass die Aussage durch die Anwesenheit anderer Personen sonst wie beeinträchtigt oder verfälscht wird.
Wann besteht ein Teilnahmerecht bei der Beweiserhebung?
Art. 147 Abs. 1 Satz 1 StPO statuiert den Grundsatz der Parteiöffentlichkeit der Beweiserhebungen im Untersuchungs- und Hauptverfahren und bestimmt, dass die Parteien das Recht haben, bei Beweiserhebungen durch die Staatsanwaltschaft und die Gerichte anwesend zu sein und einvernommenen Personen Fragen zu stellen. Die Bestimmung begründet namentlich ein Anwesenheits- und Fragerecht. Das bedeutet physische Anwesenheit am Ort, an welchem die Beweisabnahme stattfindet. Die physische Teilnahme kann aufgrund der Natur der Beweiserhebung ausgeschlossen sein. Das Teilnahmerecht will eine kontradiktorische Mitwirkung der Parteien am Verfahren sicherstellen. Dies ist ein Ausschluss des rechtlichen Gehörs, wonach die Beschuldigte Person nicht nur passive Partei des Prozesses ist, sondern auch selbst aktiv an den Beweis seiner Unschuld mitwirken kann.
Es geht eigentlich darum, wann Aussagen, die anlässlich Einvernahmen gemacht wurden, als Beweis verwertet werden können. Einvernahmen sind eine Mischung aus Zwangsmassnahmen und Beweiserhebung. Bei den Einvernahmen können unverwertbare Beweise hergestellt werden, wie bei Zwangsmassnahmen. Dies insbesondere, wenn der Beschuldigte an Einvernahmen von Parteien nicht anwesend war, um Zusatzfragen zu stellen oder wenn seine Informationsrechte nicht gewährt wurden. Das folgende Kapitel handelt von diesem Thema. Wann sind Einvernahmen für das Strafverfahren unverwertbar? Bzw. wann können diese ohne Konfrontation verwertet werden, wann können diese vorübergehend verwertet werden. Es sind also zusätzlich Regeln zur Unverwertbarkeit von Beweisen.
Bei allen anderen Beweismitteln, ausser den Einvernahmen (und Augenschein), gibt es anlässlich der Erhebung kein Teilnahmerecht. Bei der Einholung von Urkunden, der Erstattung von Berichten oder dem Beizug von Arztzeugnissen genauso wie bei Zwangsmassnahmen, die später zu Beweisen führen können, kann eine Teilnahme der Parteien nichts am Beweisergebnis verändern. Es handelt sich dabei lediglich um Beweissicherungen.
Das darauffolgende Akteneinsichtsrecht und die Möglichkeit, Beweisanträge zu den gesicherten und eingesehenen Beweisen zu stellen, gibt der beschuldigten Person wiederum die Möglichkeit, einzugreifen und die Aktenlage zu verändern, indem zum Beispiel die Einholung eines Zweitgutachtens beantragt oder die Überprüfung einer eingeholten Urkunde auf ihre Echtheit verlangt wird.
Wann wird das rechtliche Gehör eingeschränkt?
Hat die beschuldigte Person immer einen Anspruch auf Anwesenheit bei Einvernahmen von anderen Parteien (Zeugen, Mitbeschuldigte, Sachverständiger)?
Dieses spezifische Teilnahme- und Mitwirkungsrecht fliesst aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 107 Abs. 1 lit. b StPO). Es kann nur unter den gesetzlichen Voraus-setzungen eingeschränkt werden. Im Gesetzt kommen folgende drei Stellen vor, wo eine Einschränkung geregelt ist. Zunächst wird das rechtliche Gehör nach Art. 108 StPO eingeschränkt, wenn der begründete Verdacht besteht, dass eine Partei ihre Rechte missbraucht. Weiter wird das rechtliche Gehör eingeschränkt, wenn für die Sicherheit von Personen oder zur Wahrung öffentlicher oder privater Geheimhaltungsinteressen dies erforderlich ist.
Der begründete Missbrauchsverdacht liegt bei Kollusionsgefahr vor. Das heisst, dass, wenn hinreichende Anhaltspunkte, dass der Beschuldigte Zeugen und Mitbeschuldigte in ihren Aussagen beeinflussen könnte. Weiter liegt die Gefahr des Rechtsmissbrauchs vor, wenn Informationen aus Einvernahmen oder Akteneinsicht für parallele Verfahren benutzt werden und diese Informationen auch Drittpersonen aus diesen Parallelverfahren mitteilt werden könnten. Ein vorübergehender Ausschluss von Einvernahmeverhandlungen ist ausserdem zulässig, wenn bei der fraglichen Person eine Interessenkollision besteht (Art. 146 Abs. 4 lit. a StPO), vor allem wenn eine unmündige Person in Begleitung eines Elternteils einvernommen wird.
Bei parteiöffentlichen Befragungen von Mitbeschuldigten kann eine Entschärfung der genannten Problematik oft erreicht werden, wenn die Einvernahmen rasch nacheinander erfolgen. Die verfahrensleitende Staatsanwaltschaft bestimmt die Reihenfolge und den Ablauf von partei-öffentlichen Befragungen. Sie hat insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass in Anwesenheit von Parteien und Parteivertretern keine unzulässigen Beeinflussungen oder Absprachen erfolgen. Was Ergänzungsfragenvon Mitbeschuldigten an parteiöffentlichen Einvernahmen betrifft, schreibt Art. 147 Abs. 1 Satz 1 nicht vor, in welchem Zeitpunkt das zusätzliche Recht, Fragen an den Erstbefragten zu stellen, zu gewährleisten ist. Wann das Fragerecht ausgeübt werden darf, bestimmt die Verfahrensleitung.
Wurde dem Beschuldigten das Konfrontationsrecht erst bei der zweiten Befragung einer Drittperson gewährt, sind die Aussagen von dessen ersten Einvernahmen grundsätzlich nur dann verwertbar, wenn diese im Rahmen einer späteren Konfrontation ausdrücklich wiederholt werden. Die Verletzung des Konfrontationsanspruchs kann nicht einfach durch eine erneute Einvernahme unter Gewährung der Teilnahmerechte behoben werden. Damit der Beschuldigte sein Fragerecht tatsächlich ausüben und die Glaubhaftigkeit einer Aussage infrage stellen kann, muss sich der Einvernommene in Anwesenheit des Beschuldigten zur Sache äussern. In einem solchen Fall kann im Rahmen einer Gesamtwürdigung auch auf die Ergebnisse der früheren Beweiserhebung ergänzend zurückgegriffen werden. Beschränkt sich die Wiederholung der Einvernahme aber im Wesentlichen auf eine formale Bestätigung der früheren Aussagen (z.B., weil sich der Zeuge nicht mehr erinnern kann), wird es dem Beschuldigten verunmöglicht, seine Verteidigungsrechte wirksam wahrzunehmen.
Im Hinblick auf die Unverwertbarkeitsfolgen ist im Einvernahmeprotokoll oder in einer Aktennotiz festzuhalten, ob die Parteien und ihre Rechtsbeistände Gelegenheit hatten, den Beweiserhebungen beizuwohnen und an die einvernommenen Personen Fragen zu richten, ob sie darauf verzichtet haben oder aus welchen tatsächlichen oder rechtlichen Gründen dies nicht möglich war.
Wie wird die Einvernahme durchgeführt?
Zu Beginn der Einvernahme wird die einzuvernehmende Person in einer ihr verständlichen Sprache über ihre Personalien befragt und über den Gegenstand des Strafverfahrens und die Eigenschaft, in der sie einvernommen wird, informiert. Bei der Orientierung über den Gegenstand des Verfahrens und der Eigenschaft in dem die beschuldigte Person einvernommen wird, reicht die blosse Nennung des Tatbestandes und der einschlägigen Strafnorm zu Beginn einer Einvernahme nicht aus, um den Anforderungen der StPO zu genügen, und hat deshalb die Unverwertbarkeit der Aussagen zur Folge. Ungenügender Deliktvorhalt führ somit zu Unverwertbarkeit der Aussagen.
Der folgende Sachverhalt zeigt, wie detailliert der Sachvorbehalt sein muss: «Sie werden als Zeuge zur Schlägerei einvernommen, die sich am Abend des 15. Mai 2016 im Restaurant Löwen in X-will zwischen den Herren X, Y und Z zutrug». Der Beschuldigte muss somit über den konkreten Lebenssachverhalt orientiert werden. Falls dies nur rudimentär erfolgt, dann muss der Anwalt dem Beschuldigten anraten zu schweigen. Denn nach der ersten Einvernahme ist die Akteneinsicht zu gewähren und es kann daraus alles entnommen werden, was bisher die Verfolgungsbehörde für die Sachverhaltsdarstellung gesammelt hat.
Vorzuhalten ist – nach dem aktuellen Verfahrensstand – ist somit ein möglichst präziser einzelner Lebenssachverhalt und der daran anknüpfende Deliktsvorwurf, nicht aber bereits die genaue rechtliche Würdigung. Der Vorhalt muss so konkret sein, dass die beschuldigte Person den gegen sie gerichteten Vorwurf erfassen und sich entsprechend verteidigen kann. Wenn also jemand einvernommen wird, dann muss er wissen, was ihm genau vorgeworfen wird, denn eine Einvernahme dient ja nicht nur dazu pauschal Beweise zu sammeln, sondern nur im Hinblick auf den Tatverdacht sollen Informationen gesammelt werden. Es ist wie bei den Zwangsmassnahmen, die Einvernahme muss zu einem bestimmten Zweck erfolgen, nämlich einen Tatverdacht zu einem genauen Sachverhalt zu verdichten. Daher müssen auch die Aussagen des Beschuldigten sich nur auf den Tatverdacht beziehen. Damit dies sichergestellte wird, muss ihm klar erklärt werden, was ihm vorgeworfen wird. Nur so erhält er die Chance sich auf dieses Thema einzuschränken und sich dagegen zu wehren. Der Hinweis welche Straftaten ihm vorgeworfen werden, dient also nicht nur dem Beschuldigten, sich wehren zu können, sondern auch der Einschränkung der Behörde in der Beweiserhebung. Sie soll nur die Beweise erheben, die den bereits erhobenen Vorwurf erhärten sollen.
Weiter muss die einzuvernehmende Person über Ihre Rechte und Pflichten orientiert werden, nämlich, dass er die Aussage verweigern darf, dass er die Möglichkeit hat einen Anwalt und einen Übersetzer zu bestellen.
Nach dieser Einleitungsoll der Einvernehmende das Geschehen frei aus der Erinnerung, ohne grosse Zwischenfragen, darstellen. Die einvernehmende Person soll das Geschehen frei schildern. Sie soll nicht durch ständige Zwischenfragen gestört werden und dadurch in eine Richtung gedrängt werden, die vielleicht nicht seiner Erinnerung entspricht. Dabei handelt es sich um eine Ordnungsvorschrift.
Nach der Schilderung des Beschuldigten folgen die Ergänzungsfragen. Sie haben zum Ziel durch klare Formulierung und Vorhalte die Vollständigkeit der Aussagen und die Klärung von Widersprüchen zu erreichen. Unklare, täuschende oder suggestive Fragen sind unzulässig. Abgesehen von Täuschungen, sind die anderen Punkte Ordnungsvorschriften und dadurch erlangte Beweise teilweise (bei Aufklärung schwerer Verbrechen) verwertbar.
Muss die Staatsanwaltschaft die beschuldigte Person nochmals auf ihre Rechte hinweisen, obwohl dies in einem früheren Verfahrensstadium geschehen ist? Die Belehrung muss zu Beginn der ersten Einvernahme geschehen (Art. 158 Abs. 1 StPO). Bei nachfolgender Einvernahme durch die gleiche oder eine andere Behörde ist eine Wiederholung nicht erforderlich, solange der Verfahrensgegenstand derselbe bleibt.
Die beschuldigte Person kann vor, während und nach der Einvernahme ihre Rechte wahr-nehmen (unbeaufsichtigter Kontakt mit der Verteidigung, Anwesenheit der Verteidigung bei der Einvernahme, Frage- und Antragsrecht).
Kann die Staatsanwaltschaft die Polizei mit der Zeugeneinvernahme betrauen? In Kanton Zürich ist gemäss GOG 157 Abs. 2 die Polizei auch befugt Zeugen einzuvernehmen. Dies darf aber nur im Auftrag der Staatsanwaltschaft geschehen. 143 II StPO.
Welche Personen kommen als Zeugen in Frage?
Als Zeuge wird jemand einvernommen, der nicht beschuldigt wird, eine Tat begangen zu haben. Somit, wenn keine Anhaltspunkte bestehen, dass die betroffenen Person an dem zu aufklärenden Geschehen beteiligt war. Können gewisse vorhandene Verdachtsgründe nichtausgeräumt werden, ist die betroffene Person als Auskunftsperson einzuvernehmen. Weiter muss der Zeuge in der Lage sein, Aussagen zu machen, die der Aufklärung der Straftat dienen.
Welche sind die Pflichten der Zeugen?
Die wichtigsten Pflichten der Zeugen sind die Erscheinungs– und Anwesenheitspflicht, die Aussagepflicht und die Wahrheitspflicht. Zur wahrheitsgetreuen Aussage sind sie jedoch nur verpflichtet, wenn kein Zeugnisverweigerungsrecht besteht.
Wann besteht ein Zeugnisverweigerungsrecht?
Zeugnisverweigerungsrecht kann aus verschiedenen Gründen vorliegen. Zunächst kann der Zeugen sein Zeugnisverweigerungsrecht ausüben, wenn er mit dem Beschuldigten eine persönliche Beziehung hat (Art.168 StPO). Dies dient dem Schutz des Familienfriedens und soll dem Zeugen möglichst einen persönlichen Konflikt ersparen. Eine Ausnahme davon kann bei schweren Delikten in Familienbeziehungen bestehen, wenn z.B. bei Verdacht auf sexuelle Misshandlung der Tochter durch den Vater, soll die Mutter des Opfers zur Aussage gezwungen werden können.
Weiter besteht ein Zeugnisverweigerungsrecht, wenn der Zeuge sich mit seinen Aussagen selbst oder ihr nahestehenden Personen belasten würde. Zeuge muss dabei diese Risiko mindestens glaubhaft machen.
Hier ist also zu beachten, ob der Zeuge mit dem Beschuldigten oder einem Dritten in naher Beziehung steht. Wenn er mit dem Beschuldigten in naher Beziehung steht, dann kann er immer das Zeugnis verweigern, auch wenn er nichts Belastendes zu sagen hat. Wenn er aber mit einem Dritten, also nicht mit den Beschuldigten, in naher Beziehung steht und diesen belasten würde, dann kann er die Aussage nur dann verweigern, wenn er glaubhaft macht, dass er diesen strafrechtlich oder zivilrechtlich verantwortlich machen würde.
Weiter besteht das Zeugnisverweigerungsrecht aufgrund eines Amtsgeheimnisses oder aufgrund eines Berufsgeheimnisses. Dabei handelt es sich, um einen bestimmten Beruf: Rechtsanwalt, Verteidiger, Notar, Arzt, Zahnarzt, Apotheker Hebamme und ihre Hilfspersonen. Dem Berufsausübenden muss das Geheimnis aufgrund seines Berufes anvertraut worden oder er muss das Geheimnis in der Ausübung seines Berufes wahrgenommen haben.
Weiter besteht ein Quellenschutz für Medienschaffende, z.B. Journalisten. Sie müssen keine Aussagen über die Quelle ihrer Information geben. Allerdings haben sie bei Verdacht auf schwere Straftaten, die in einer abschliessenden Liste aufgezählt sind, auszusagen.
Weitere Berufsgeheiminsträger gem. Art. 173 Abs. 1 StPO (insb. Beratungspersonen) müssen nur aussagen, wenn das Interesse an der Wahrheitsfindung das Geheimnisinteresse überwiegt.
Eine weitere, wohl wichtigste Gruppe, ist trotz Berufsgeheimnis zur Aussage und Edition verpflichtet (Bankgeheimnis, Fabrikations- und Geschäftsgeheimnis, Börsengeheimnis, Revisionsgeheimnis etc.). Die Verfahrensleitung kann aber diese Geheimnisträger (z.B. die Bank) von der Zeugnispflicht befreien, wenn das Interesse an der Geheimniswahrung demjenigen an der Wahrheitsfindung überwiegt.
Wie läuft die Einvernahme des Zeugen ab?
Zeugen werden prinzipiell von der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht einvernommen. Die Polizei hat nur ausnahmsweise die Kompetenz zur delegierten Einvernahme (Art. 142 Abs. 2 StPO). Die Polizei vernimmt Aussagepersonen entweder als Zeugen oder als Aussagepersonen (Art. 142 Abs. 2, Art. 179 Abs. 2 StPO).
Die einvernehmende Behörde macht zu Beginn der Einvernahme den Zeugen auf ihr Zeugnis- und Wahrheitspflichten und auf die strafrechtlichen Folgen einer Falschaussage aufmerksam. Ansonsten ist die Einvernahme ungültig. Das heisst die Aussagen können absolut nicht als Beweise verwertet werden (Art. 177 Abs. 1 StPO).
Die Behörde muss den Zeugen zu Beginn der Partei auch über ihre Beziehungen zur Partei befragen (Art. 177 Abs. 2 StPO). Einfach zu erklären, dass ein Zeugnisverweigerungsrecht besteht, genügt somit nicht. Die Befragung dient einerseits zur Abklärung allfälliger Zeugnisverweigerungsrechte, andererseits zu Klärung der Glaubwürdigkeit sowie den Stellenwert der Zeugenaussage (im Rahmen der freien Beweiswürdigung). Die als Zeuge vorgeladene Person wird also über Verwandtschaft, Freundschaft, Feindschaft usw. zur beschuldigten Person aber auch zur Privatklägerschaft befragt.
Falls aufgrund der Akten und der Befragung sich ein Zeugnisverweigerungsrecht erkenntlich wird, muss die Behörde auf solche den Beschuldigten aufmerksam machen. Unterbleibt dies, dann sind die Aussagen unverwertbar, aber nur wenn für die Strafbehörde das Zeugnisverweigerungsrecht erkennbar war (Art. 177 Abs. 3 StPO).
Stellt sich nachträglich heraus, dass der Zeuge effektive beschuldigte Person ist und als solche hätte einvernommen werden sollen, ist die Aussage unverwertbar. Wenn also nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine Person Täter sein konnte, auch wenn keine konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dann sollte diese Person zunächst als Auskunftsperson einvernommen werden (Art. 178 lit. d StPO).
Was sind Auskunftspersonen und wie werden sie einvernommen?
Die Auskunftsperson ist eine strafprozessuale Figur zwischen Zeugen und der beschuldigten Person. Die Aussage einer Auskunftsperson ist weniger wertvoll als die Aussage eines Zeugen, weil sie nicht verpflichtet ist wahrheitsgemäss auszusagen. Als Auskunftsperson wird einvernommen, wer, ohne selbst beschuldigter zu sein, nicht als Täter oder Teilnehmer der in Frage stehenden Straftat oder einer damit verbundenen Tat ausgeschlossen werden kann. Weiter sind mitbeschuldigte Personen oder wer in einem anderen Verfahren wegen einer Tat, die mit der abzuklärenden Straftat in Zusammenhang besteht, beschuldigt wird, als Auskunftspersonen einzuvernehmen. Auch wer sich als Privatklägerschaft konstituiert, wird als Auskunftsperson einvernommen.
Die Auskunftsperson wird nach den Bestimmungen über die Einvernahme der beschuldigten Person einvernommen (Art. 180 Abs. 1 StPO). Eine Ausnahme bildet die Privatklägerschaft, welche zur Aussage verpflichtet ist. Sie ist zwar Auskunftsperson, wird aber nach den Bestimmungen über die Zeugeneinvernahme befragt (Art. 180 Abs. 2 StPO).
Was bedeutet es, dass für sie sinngemässdie Bestimmungen über die Einvernahme der beschuldigten Person gelten? Haben sie auch die gleichen Rechte wie die beschuldigten Personen, was z.B. die Akteneinsicht, den Bezug eines Anwalt oder die Anwesenheit des Anwalts bei der Einvernahm betrifft? Die Verfahrensrechte der beschuldigten Person stehen einem Verfahrensbeteiligten, darunter also auch der Auskunftsperson, nur dann zu, wenn dieser in seinen Rechten unmittelbar betroffen ist (Art. 105 Abs. 2 StPO). Dies ist der Fall, wenn die Beeinträchtigung seiner Rechte direkt, unmittelbar und persönlich sind, wobei eine tatsächliche oder indirekte Beeinträchtigung nicht ausreicht. Als Beispiele von direkten Beeinträchtigungen der Rechte anderer Verfahrensbeteiligter nennt die Lehre: die Verletzung von Grundrechten, die Pflicht, sich einer Untersuchung zu unterziehen, die Bestreitung des Schweigerechts, die Abweisung eines Gesuchs um Entschädigung, die Auflage von Kosten oder auch die Verweigerung einer Schutzmassnahme.
Ob eine Person anstatt als Zeuge oder Zeugin als Auskunftsperson einzuvernehmen ist, entscheidet die einvernehmende Person anhand der Aktenlage im Zeitpunkt der Einvernahme. Die einzuvernehmende Person hat kein Wahlrecht, ist aber anzuhören, der Entscheid ist sorgfältig zu fällen und soweit möglich zu dokumentieren (z.B. ist die rechtskräftige Erledigung des gegen die einzuvernehmende Person geführten Strafverfahrens beizulegen). Wird sie als Zeuge oder Zeugin anstatt als Auskunftsperson einvernommen, droht die (absolute) Unverwertbarkeit der Einvernahme, wenn sie sich als beschuldigte Person nachträglich auf ihr Aussageverweigerungsrecht beruft.
Wer ist ein Gutachter bzw. Sachverständiger?
Gutachter ist jemand, der ein Fachwissen hat, aus bestimmten Spuren Informationen zu extrahieren. Dafür braucht man jahrelange Erfahrung und Ausbildung. Der Richter ist dazu nicht imstande. Sein Wissen beschränkt sich auf das gymnasiales Wissen. Er kann z.B. aus einer Leiche nicht ablesen, wann der Todeszeitpunkt sich abgespielt hat oder aus dem Autowrack nicht bestimmen, wie schnell das Auto gefahren ist.
Sachverständiger sind somit Entscheidungsgehilfen des Gerichts. Die Strafbehörden ziehen Sachverständige bei, wenn ihnen die besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten fehlen, die für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhaltes nötig sind (Art. 182 StPO). Häufig sind Gutachten medizinischer und psychiatrischer, aber auch kriminaltechnischer Art. Ebenso gibt es Gutachten im Bereich von Bausachen, Buchhaltung etc.. Klassischer Inhalt sind die Feststellung von Tatsachen über Todesursache, Aufprallgeschwindigkeit, Brandursache, DNA-Analyse etc.
Was sind die Grundsätze bei der Arbeit des Sachverständiger?
Der Sachverhalt, von dem der Gutachter auszugehen hat, wird von der Strafbehörde vorgegeben. Der Gutachter kann keine eigene Untersuchungshandlungen bzw. Beweiserhebungen vornehmen. Er hat nicht den Sachverhalt zu erforschen, sondern ihn zu beurteilen, wie er ihm vorgegeben wird, d.h. konkrete Fragen zur Ermittlung eines Sachverhaltes zu beantworten. Der Gutachter darf also nicht dazu beitragen den Sachverhalt zu erstellen oder ihn rechtlich zu würdigen. Er muss nur eine konkrete Frage beantworten, die ihm gestellt wird. Er hat im Auftrag der Strafbehörden Aspekte des Sachverhalts zu klären mit anderen Worte Beweis zu liefern, dass sich etwas zugetragen hat.
Ausnahmsweise gestattet das Gericht dem Sachverständiger direkt Tatsachen zu erheben, vor allem Beizug zur Einvernahme, allenfalls Teilnahme am Augenschein oder Hausdurch-suchungen, etwa wenn der Wirtschaftsexperte sagen muss, welche Akten er braucht. Ein persönliches Untersuchungsgespräch zwischen der verantwortlichen sachverständigen Person und dem betroffenen Straftäter gehört zu einer unentbehrlichen Hauptaufgaben der Begutachtung.
Bei Erhebungen der Beweise seitens des Gutachters hat auch die beschuldigte Person ein Mitwirkungs- und Verweigerungsrecht und auch Zeugen ein Zeugnisverweigerungsrecht. Der Gutachter muss ihn über diese Rechte informieren.
Der Gutachter darf nicht für die Beurteilung von Rechtsfragen zugezogen werden. Es geht also um die sachverhältnismässige Seite eines Straffalls, nicht um dessen rechtliche Würdigung. Tatfragen und Rechtsfragen sind also immer dem Richter vorbehalten. Der Sachverständiger beurteilt nur z.B. nur medizinische oder psychogische Fachfragen und keine Rechtsfragen. Bei juristischen Begriffen muss immer der Richter bewerten, ob dies gegeben sind. Z.B. nur der Richter kann beurteilen, ob Arglist, Verwerflichkeit, Feststellung einer seelischen Belastung vorliegt. Was im Ermessen des Richters ist, darf nicht vom Sachverständiger beurteilt werden.
Darf das Gericht von einem Gutachten abweichen?
Bei Fachfragen darf das Gericht nur aus triftigen Gründen von einem Gerichtsgutachten abweichen. Fehlt es an derartigen Gründen, soll das Gericht in Fachfragen nicht seine eigene Meinung anstelle derjenigen des Experten setzen. Das Gericht hat zu prüfen, ob sich auf Grund der übrigen Beweismittel und der Vorbringen der Parteien ernsthafte Einwände gegen die Schlüssigkeit der gutachterlichen Darlegungen aufdrängen. Erscheint ihm die Schlüssigkeit eines Gutachtens in wesentlichen Punkten als zweifelhaft, hat das Gericht nötigenfalls ergänzende Beweise zur Klärung dieser Zweifel zu erheben.
Das Abstellen auf eine nicht schlüssige Expertise bzw. der Verzicht auf die gebotenen zusätzlichen Beweiserhebungen kann gegen das Verbot willkürlicher Beweiswürdigung verstossen. Keine Schlüssige Expertise liegt vor, wenn der Experte die an ihn gestellten Fragen nicht beantwortet hat, wenn seine Schlussfolgerungen in sich widersprüchlich sind oder wenn die Expertise sonst wie an Mängeln krankt, die derart offensichtlich und auch ohne spezielles Fachwissen erkennbar sind.
Demgegenüber ist es nicht Aufgabe des Gerichts, die Aussagen des Gutachters unter Beizug der Fachliteratur auf ihre wissenschaftliche Richtigkeit hin zu überprüfen. Das Gericht darf vielmehr davon ausgehen, dass das Gutachten auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft beruht. Auch das Bundesgericht prüft nicht, ob sämtliche Schlüsse des Experten dem Willkürvorwurf standhalten. Seine Aufgabe besteht vielmehr darin, zu prüfen, ob sich die kantonalen Instanzen ohne Willkür dem Ergebnis des Gerichtsgutachtens anschliessen.
Was sind sachliche Beweismittel?
Sachliche Beweismittel sind jene Gegenstände, Tatspuren, Örtlichkeiten, Zustände und Vorgänge, die der Strafbehörde aufgrund ihrer sinnlichen Erkennbarkeit entscheidrelevante Aufschlüsse vermitteln können.
Beweisgegenstände sind Beweismittel, die direkt zu dem Akten genommen werden können, (Art. 192 StGB), also z.B. kleinen Tatwaffen, Tatobjekte (z.B. beschädigte Sachen), Tatspuren (Haar, Textilfasern, Fingerabdrücke, blut- und DNA Spuren, aber auch beweisrelevante Schriften, namentlich Urkunden).