Ist es Mord, Totschlag oder doch nur fahrlässige Tötung? Die Differenzierung der verschiedenen Tötungsdelikte ist oftmals unklar und die Vorschriften dazu nur schwer verständlich. Vor allem bei den zwei bekanntesten Straftaten gegen das Leben, Mord und Totschlag, herrscht häufig Verwirrung. Dieser Artikel erklärt, wie die verschiedenen Straftaten sich unterscheiden.
Wie werden die Tötungsdelikten unterschieden?
Die Systematik der Tötungsdelikte sieht gemäss Strafgesetzbuch folgendermassen aus: Es gibt eine einfache Form der Tötung, nämlich die vorsätzliche Tötung gemäss Art. 111 StGB, die mindestens mit einer Strafe von fünf Jahren Freiheitsstrafe bestraft wird und es gibt besondere Tötungsdelikte (Art. 112 bis 120 StGB), die in Frage kommen, wenn gewisse spezielle Voraussetzungen, unter denen die Tötung ausgeführt wird, hinzukommen. Mit anderen Worten kommt die vorsätzliche Tötung nur dann in Frage, wenn die spezielleren Tötungsdelikte nicht gegeben sind. Diese sind Mord, Totschlag, Tötung auf Verlangen und Verleitung und Beihilfe zum Selbstmord, Kindestötung, strafbarer Schwangerschaftsabbruch und Übertretung durch Ärzte.
In folgenden Kapiteln wird erklärt, wie sich diese besondere Fälle der Tötung von dem Grundtatbestand der einfachen Tötung unterscheiden.
Mord
Mord ist gemäss Strafgesetzbuch Art. 112 dann gegeben, wenn der Täter besonders «skrupellos handelt». Dies ist erfüllt, wenn der Täter seine eigenen Interessen rücksichtslos über das Leben anderer Menschen hinwegsetzt. Dabei kann der Grund, der Zweck oder die Ausführung der Tötung besonders verwerflich sein. Typische Fälle Für Mord sind die Tötung eines Menschen zum Zwecke des Raubes, Tötungen aus religiösem oder politischem Fanatismus, Tötung aus Geringschätzung oder Tötung unter Zufügung von grossen Qualen.
Totschlag
Totschlag bedeutet, dass der Täter Im Zeitpunkt der Tötung, sich in einem psychischen Ausnahmezustand befunden hat, der ihn daran gehindert hat zu überlegen, ob seine Tat überhaupt ungerecht ist. Es geht um Fälle, in denen der Täter aufgrund äusserer Provokation plötzlich in stark auftretenden Gefühlen wie Wut, Eifersucht, Verzweiflung oder Angst versetzt wird, die ihn daran hindern sich zu beherrschen und er in diesem Zustand die Tötung ausführt.
Das Gesetzt nennt in Art. 113 Strafgesetzbuch diese intensiven Gefühle als «heftige Gemütsbewegung» und «grosse seelische Belastung». Der Unterschied liegt darin, dass Tötung in heftiger Gemütsbewegung in Affekt erfolgt, was bedeutet, dass die Entscheidung des Täters zur Tötung aufgrund einer kurz andauernden Gemütserregung plötzlich erfolgt. Bei der Tötung unter «grossen seelischen Belastung» erfolgt die Tötung nicht unbedingt plötzlich, sondern ist das Resultat von langen Unterdrückung. In diesem Fall tötet der Täter jemanden, der ihm seit langem das Leben so schwer macht, so dass für ihn diese Situation nicht mehr aushaltbar ist. Beispiel ist dafür der Haustyrannenmord, der jahrelang den Täter unterdrückt hat und dieser schliesslich ihn tötet.
Die heftige Gemütsbewegung oder die grosse seelische Belastung muss auch entschuldbar sein. Zunächst darf der Täter kein Verschulden an der Situation, die die heftige Gemütsbewegung ausgelöst hat, haben. Weiter muss auch eine durchschnittliche Person in der Situation des Täters in einer heftigen Gemütsbewegung geraten. Wenn somit jemand leicht erregbar oder krankhaft eifersüchtig ist, dann liegt keine nach den Umständen entschuldbare Gemütsbewegung vor.
Der Grund, warum der Totschlag milder als die vorsätzliche Tötung bestraft wird, liegt darin, dass dem Täter wegen des ungewöhnlichen Umstandes, in dem er sich befindet bzw. hineingezogen wurde, seine Handlungen nicht mehr ganz zurechenbar sind. Er ist nicht mehr in der Lage die Situation vollständig zu erfassen, dass Unrecht seiner Handlungen einzusehen oder dieser Einsicht zu handeln.
Tötung auf Verlangen
Gemäss Strafgesetzbuch Art. 114, wird bis zu drei Jahre oder Geldstrafe bestraft, wer aus achtenswerten Beweggründen, namentlich aus Mitleid, einen Menschen auf dessen ernsthaftes und eindringliches Verlangen tötet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
Ernsthaft ist das Verlangen, wenn es ernst gemeint ist und auch ernst zu nehmen ist. Dies setzen die Urteilsfähigkeit und Willensfreiheit seitens des Opfers voraus. Insbesondere darf das Verlangen nicht Folge eines Irrtums oder eines Zwanges sein. Weiter muss das ernsthafte Verlangen auch eindringlich sein. Es muss sich um ein intensives Bitten gefordert werden, das nach dem Willen des Opfers in unmittelbarer Zukunft erfüllt werden soll.
Subjektiv muss ein Motivationszusammenhang zwischen Verlangen und dem Tatentschluss des Täters bestehen. Mit anderen Worten muss das ernsthafte und eindringliche Tötungsverlangen beim Täter den Tötungsvorsatz wecken. Weiter muss der Täter auch achtenswerte Beweggründe handeln, z.B. auch Mitleid oder Erbarmen. Das blosse Fehlen von egoistischen Beweggründen reicht hier nicht aus.
Ein Arzt jedoch, der lebensrettende oder lebenserhaltende Massnahmen unterlässt, macht sich nicht strafbar, weil medizinische Massnahmen nur dann zulässig sind, wenn der Patient sie auch zustimmt.
Beihilfe zum Selbstmord
Wer aus selbstsüchtigen Beweggründen jemanden zum Selbstmorde verleitet oder ihm dazu Hilfe leistet, wird, wenn der Selbstmord ausgeführt oder versucht wurde, wird gemäss Art. 115 Strafgesetzbuch mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
Beihilfe oder Verleitung zum Selbstmord ist damit nur strafbar, wenn es aus selbstsüchtigen Bewegründen geschieht. Sonst nicht! Durch diese Bestimmung regelt der Gesetzgeber die strafbare Beteiligung an einer eigenverantwortlichen begangenen Selbsttötung abschliessend. Wenn somit jemand einen anderen dabei Hilft sich selbst zu töten und keine Eigeninteressen hat, dann ist diese Hilfe nicht strafbar.
Wie schon gesagt ist es wichtig, dass ein Selbstmord vorliegt. Erforderlich ist, dass der Selbstmörder beim Verursachen seines Todes Tatherrschaft innehatte, also seinen Tod allein herbeiführt und der Täter ihm dabei nur Beihilfe leistet. Hilfeleistung bedeutet, dass der Täter den Selbstmord gefördert hat, ohne dass der Täter die Täterschaft verliert. Mit anderen Worten muss der Täter den Selbstmord aktiv unterstützen. Dies kann psychisch erfolgen, z.B. durch Ermutigung oder physisch durch Beschaffung der Mittel zum Selbstmord oder die Anleitung. Täuschung oder Nötigung oder Unzurechnungsfähigkeit (Fähigkeit zum eigenverantwortlichen Handeln) schliessen Selbstmord aus.
Subjektive wird, wie schon gesagt, ein selbstsüchtiger Beweggrund verlangt, damit die Beihilfe zum Selbstmord strafbar ist. Selbstsucht kann in der Erlangung äusserer Vorteile liegen, die nicht materieller Natur sein müsse. Beispiele für selbstsüchtige Grunde sind zum Beispiel der Beerbung des Betroffenen oder die Befreiung von dessen lästigen Pflege. Ausserdem kommen auch gefühlsbedingte Motive wie Hass und Befriedigung von Rachegelüste in Betracht.
Fahrlässige Tötung
Die fahrlässige Tötung liegt vor, wenn durch die Verletzung einer Sorgfaltspflicht ein Mensch zu Tode kommt. In diesen Fällen spielt neben den Feststellung des Sorgfaltspflichtverletzung auch die Frage der objektiven Vorhersehbarkeit. Ein intensiver Kampf um die Rechte des Beschuldigten lohnt sich, wenn man sich vor Augen führt, dass der Straftatbestand eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vorsieht.
Wie verhalte ich mich beim Vorwurf eines Tötungsdelikts?
Wird Ihnen oder einer Ihnen nahestehenden Person ein Tötungsdelikt vorgeworfen, ist die sofortige Einschaltung eines Strafverteidigers unabdingbar: Bei den Tatvorwürfen Mord und Totschlag steht in aller Regel das gesamte Leben des Beschuldigten, seine Freiheit und das soziale Umfeld auf dem Spiel. Die Haftstrafen, die im Verurteilungsfall erwartet werden dürfen, sind mindestens langjährig, wenn nicht sogar lebenslänglich.
Aus diesen Gründen ist nicht nur die Einschaltung eines versierten Fachanwalts für Strafrecht, sondern auch das Schweigen gegenüber Polizei und Staatsanwaltschaft oberste Priorität. Im Rahmen einer polizeilichen Vernehmung sitzen Sie einem spezialisierten Ermittlungsbeamten gegenüber, der in aller Regel einen raschen Ermittlungserfolg erreichen will. Eine voreilige Einlassung ohne Rücksprache mit Ihrem Rechtsanwalt für Strafrecht bringt Ihnen keinen Vorteil und kann spätere Verteidigungschancen zunichte zu machen.
Wenn Sie sich bereits in Untersuchungshaft befinden, wird nicht nur ein hinreichender, sondern dringender Tatverdacht unterstellt. Vertrauen Sie nicht darauf, dass der scheinbar objektive Strafverfolgungsapparat ihre Unschuld feststellen wird.
Pflichtverteidigung
Wenn Sie wegen Tötungsdelikten beschuldigt werden, liegt ein Fall der notwendigen Verteidigung. Dies bedeutet, dass Sie auf jeden Fall anwaltliche Vertretung erhalten. Nutzen Sie Ihre Chance, Ihren Pflichtverteidiger selbst auszuwählen (Wahlpflichtverteidiger).
Ein Anwalt für Strafrecht kann Anhaltspunkt für das Vorliegen eines hinreichenden Tatverdachts in Zweifel ziehen. Bei diesem Vorgehen gilt es, die Aussagekraft jedes einzelnen Beweismittels anzugreifen und widersprüchliche Aussagen von Belastungszeugen durch konfrontative Befragung aufzudecken.
Weiterhin können durch eigene Beweisanträge für den Angeklagten günstige Beweismittel eingebracht werden. Auch kann der Rechtsanwalt prüfen, ob hinsichtlich bestimmter Beweismittel Beweisverwertungsverbote geltend gemacht werden können. Ferner bieten Rechtfertigungsgründe (beispielweise Notwehr oder rechtfertigender Notstand), oder materiellrechtliche Aspekte (beispielweise strafbefreiender Rücktritt) Verteidigungschancen.
Bei Tötungsdelikten in der gesamten Schweiz stehe ich Ihnen als erfahrener Verteidiger zur Verfügung. Wie oben gezeigt, ist die Verteidigung bei den enormen Folgen von elementarer Bedeutung. Eine intensives Aktenstudium, die Ausarbeitung einer sinnvollen Verteidigungsstrategie, eine klare Verteidigung und ggfs. eigene Ermittlungen stellen das Grundgerüst einer Verteidigung in Tötungsdelikten dar. Lassen Sie sich von mir beraten und verteidigen!